Illustration: Fabian Sigg
Text: Dominik Brülisauer
Anmerkung: In meiner Kolumne für das Spassmedien-Imperium Joiz durfte ich bis zu dessen Grounding 2016 unter der Rubrik «Guter Rat ist billig» Ratschläge zu den wichtigsten Daten des Jahres verschenken.
Der ganz normale Höhenwahnsinn
So überlebst du deinen Skitag
Berge ziehen im Winter die Leute an wie das Rampenlicht Irina Beller. Es locken weisser Pulverschnee und gut präparierte Pisten. Unterländer kriechen wie Zombies aus der Nebeldecke hervor und blinzeln gegen das Sonnenlicht. Sie müssen sich zuerst wieder daran gewöhnen, dass die Welt farbig ist. Diese Völkerwanderung wiederholt sich jedes Jahr wie die Reise der Pinguine zu ihren Paarungsgebieten oder der Ausflug des lokalen Turnvereins in ein Puff jenseits der Grenze. Hier ein paar gute Ratschläge, mit denen du deinen Skitag erfolgreich gestalten kannst.
Wenn du mit der Eisenbahn oder dem Auto zur Talstation fährst, musst du alle zehn Meter Geld aus dem Fenster werfen. Und ich rede hier nicht von Münzen. Wenn du dann am Schalter mit den Tageskartenpreisen konfrontiert wirst, lächelst du müde und bezahlst dein Ticket ohne zu murren. Du musst dann nicht daran denken, dass du mit dem gleichen Betrag genau so gut eine Hawaiiinsel hättest kaufen können. Falls du unter Klaustrophobie leidest oder einfach aus Bequemlichkeitsgründen in der Gondel Wert auf Beinfreiheit legst, solltest du auf deine morgendliche Dusche und auf jegliche Art von Mundhygiene verzichten. Wenn du zusätzlich noch auf Kommando furzen kannst, stehst du in der Luftseilbahn so einsam und verlassen da wie Bill Cosby bei einem Kongress für Frauenrechte. Ein super Gefühl.
Ich bin im Engadin aufgewachsen. Das heisst, ich bin ein Freerider. Deshalb kann ich dir Folgendes mitteilen. Die Lawinenwarnungen werden immer zu tief angesetzt. Es herrscht das gleiche Prinzip wie beim Film «Der Weisse Hai», wo der Bürgermeister den Polizisten daran hindert, Hai-Warnschilder am Strand vom Badeort Amity aufzustellen, weil es die Touristen verscheuchen könnte. Wenn bei der Talstation «Lawinengefahr = voll easy» angezeigt wird, heisst das eigentlich «Du hast noch 34 Minuten zu leben». Deshalb solltest du die Piste runterfahren und den Pulverschnee den Einheimischen überlassen. Glaub mir!
Falls du dich an deinem Arbeitsplatz krankgemeldet hast, um spontan mit zwei Kumpels Snowboarden zu gehen, solltest du nicht nur dafür sorgen, dass keiner von euch drei Vollpfosten Bilder von eurem illegalen Kurztrip auf Instagram lädt und sie mit #worksucks, #sickmyass oder #wenndasmeinchefwüsste markiert. Du solltest dich auch mit einer Sonnencreme einseifen, die einen so hohen Schutzfaktor hat, dass selbst ein Wochenende in Fukushima deinem Gesicht keine verräterische Farbe verleiht. Falls du am Abend trotzdem einen Sonnenbrillenabdruck im Gesicht trägst, google ein paar Zitate von Björn Höcke – Du wirst schneller wieder bleich sein, als du auf eins zählen kannst.
Falls dein ganzes Geld nicht bereits für die Tageskarte draufgegangen ist, willst du bestimmt am Mittag in einem Bergrestaurant essen gehen. Bestelle auf gar keinen Fall Pommes Frites. Aus irgendeinem unerfindlichen Grund haben immer alle das Gefühl, Fritten seien Allgemeingut und man könne sich in deinem Teller bedienen. Bestelle eine Gerstensuppe oder Spaghetti. Dann wirst du für die 35 Franken wenigstens satt. Oder mach es so wie ich und schütte so viel Salz über die Fritten, dass ein Schluck aus dem Toten Meer dagegen wie überzuckerter Himbeersirup schmeckt. Ich selber kriege die Pommes dann zwar auch nicht mehr runter, aber wenigstens muss ich sie nicht teilen. Und ja, ich habe noch nie von mir behauptet, dass ich einen besonders tollen Charakter habe. Kannst gerne mit meinen Erziehungsberechtigten reden.
Irgendwann, sagen wir so ab 13:00 Uhr, wird es höchste Zeit vom Skifahren zum Aprés-Skifahren zu wechseln. So merkst du am Abend, dass du zu viel gesoffen hast. Erstens: Du hast bei minus 30 Grad das Gefühl, dass es sei eine gute Idee sei, oben ohne auf der Schneebar zu tanzen. Zweitens: Dir gefällt plötzlich Helene Fischer und singst lauthals den Text mit während sich deine Begleitung in Grund und Boden schämt. Drittens: Du glaubst, dass du jetzt im Freestyle-Park doch noch schnell die grosse Schanze ausprobieren möchtest, obwohl du den ganzen Tag gekniffen hast. Auch wenn nur einer der drei Punkte zutrifft, musst du mit der Bahn zurück ins Tal fahren. Vertrau mir, ich spreche aus Erfahrung. Viel Spass auf dem Berg.