Happy Birthday, Alter

Illustration: Fabian Sigg
Illu-Idee & Text: Dominik Brülisauer

Anmerkung: In meiner Kolumne für das Spassmedien-Imperium Joiz habe ich bis zu dessen Grounding 2016 unter der Rubrik «Guter Rat ist billig» Ratschläge zu den wichtigsten Daten des Jahres verschenkt.

HAPPY BIRTHDAY, ALTER.
So bringst du die Zeit auf deine Seite.

Am zweiten Juni habe ich Geburtstag. Höchste Zeit, mal wieder über die Zeit und mein Leben nachzudenken. Fakt ist, dass wir mit jeder Umkreisung der Erde um die Sonne ein Jahr älter werden. Das ist so sicher wie die Hühnerhaut am Konzert von Adele, das Mitleidempfinden beim RTL2-Schauen oder das Ekelgefühl während einem Auftritt von Lutz Bachmann. Diesen Rundflug durch das Universum habe ich mittlerweile 39 Mal miterlebt. Das heisst wohl oder übel, dass ich langsam alt bin. Noch nicht so alt wie die Sprüche von Mario Barth oder das Kernkraftwerk Beznau, aber doch schon in einem stolzen Alter.

Am Geburtstag bekommt man einen Kuchen mit Kerzen drauf. Das ist keine zufällige Kombination. Wie der Totenkopf, die Sanduhr oder der Haarausfall von John Travolta gehören Kerzen zu den typischen Vanitas-Symbolen. Das heisst, sie verweisen auf unsere Vergänglichkeit. Der Kuchen wiederum zeigt, dass unsere Existenz durchaus süss schmecken kann und wir das Älterwerden auch feiern sollten.

Ausser einem Kuchen bekommt man an seinem Geburtstag von seinen Freunden und Bekannten auch Geschenke. Bis zu seinem 12ten Geburtstag dienen diese dazu, das Alter zu feiern. Danach sollen sie das Geburtstagskind, das ab sofort Geburtstagserwachsener genannt werden sollte, trösten. Schliesslich geht es nur noch fünf Jahre bis es zum Geburtstagssenior wird und sich das Leben ab 30 ja dann ohnehin langsam dem Ende nähert.

Ich schenke meinen Freunden jeweils ein Jahresabo für die Gratiszeitungen «Blick am Abend» oder «20 Minuten». Erstens halten sich damit meine Unkosten in Grenzen und zweitens bremse ich damit für meine Freunde die Zeit. Wie das geht? Da in diesen Magazinen jeden Tag das Gleiche steht, erleben die Leser regelmässig einen Déjà-vu-Effekt wie Bill Murray in «Und täglich grüsst das Murmeltier». Das heisst, sie erleben den gleichen Tag immer und immer wieder. Der Tag wird also konserviert und der Alterungsprozess gestoppt. Der geistige auf jeden Fall.

Es ist ein Naturgesetz, dass man sich geschmeichelt fühlt, wenn man zu jung eingeschätzt wird. Allerdings fällt es gewissen Leuten schwer, ihr wahres Alter zu verstecken. Bei einem Bachelor-Kandidaten kann man ganz einfach die Jahresringe an seinem Holzkopf abzählen. Bei Irina Beller muss man den Betrag, der auf dem Preisschild ihres neuen Pelzmantels steht, durch Tausend teilen und das Resultat mit ihrer persönlichen Altersangabe multiplizieren. Bei Männern erkennt man an der Anzahl Marathons, die sie pro Jahr laufen, wie tief sie bereits in der Midlife-Crisis stecken. Und die Urgesteine Rolling Stones sind schon so lange auf Tour, dass man ihr Alter nur durch eine Geochronologische Datierung mittels Isotopenzerfall auf plus minus tausend Jahre genau schätzen kann. Geologisch, oder?

Hier ein paar gute Ratschläge für deine Geburtstagsparty. Mach es wie ich und lade nur Leute ein, die älter sind als du – oder zumindest älter aussehen. Solange deine Grosseltern mit dir mitfeiern, bleibt deine Sause ein Kindergeburtstag. Falls dir das zu wenig partymässig sein sollte, kannst du immer noch auf den Mars auswandern. Dieser Planet braucht etwa 687 Erdentage um einmal die Sonne zu umkreisen. Ein Marsjahr dauert also 1.9 Erdenjahre. Das heisst, du wirst im Vergleich zu hier weniger schnell älter. Der Thurgauer Steve Schild hat das bereits begriffen. Er will 2026 mit ein paar anderen Auswanderern mit einem Oneway-Ticket zum Mars fliegen und dort ein neues Leben starten. Allerdings sollte er sich noch ein paar Sorgen darüber machen, wie die Marsmenschen auf seinen Dialekt reagieren werden.

Falls dir das zu mühsam sein sollte, reicht es vollkommen aus, wenn du jeweils zum Geburtstag ein Aroundtheworld-Ticket wünschst. Dank Albert Einstein wissen wir schliesslich, dass die Zeit für Leute, die mit grossen Geschwindigkeiten fliegen, langsamer vergeht, als für Leute am Boden. Falls du einen Zwilling mit Flugangst hast, kannst du relativ zu ihm in 80 Jahren Rumfliegen gut und gern ein paar Nano-Sekunden mehr Lebenszeit rausholen. Das ist zwar ein ökologischer Blödsinn. Aber es lohnt sich bestimmt.

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