Der Tunnelblick

Illustration: Fabian Sigg
Illu-Idee & Text: Dominik Brülisauer

Anmerkung: In meiner Kolumne für das Spassmedienimperium Joiz habe ich bis zu dessen Grounding 2016 unter der Rubrik «Guter Rat ist billig» Ratschläge zu den wichtigsten Daten des Jahres verschenkt.

Der Tunnelblick
So verbringst du frohe Ostern

Jesus ist der grösste Rockstar der Weltgeschichte. Er spazierte über das Wasser, heilte Kranke und trug dabei noch einen schönen Hipsterbart. Wenn Jesus heute noch leben würde, würde er folgende Wunder vollbringen: den Konflikt in Syrien beenden, Miley Cyrus Schamgefühl entwickeln lassen und sich ein ganze Folge von «Der Bachelor» ansehen, ohne peinlich berührt zu sein. Auch das wäre alles sehr beeindruckend.
Aber leider hat man als Rockstar auch Neider. Komischerweise fanden es damals gewisse Leute ein wenig übertrieben, dass Jesus sich überall als Sohn Gottes vorstellte. Das behaupten heute nicht mal Christoph Blocher oder Kanye West von sich selber. Josef und Maria, seine leiblichen Eltern, hatten daran bestimmt auch keine Freude. Jedenfalls hat sein Grössenwahn die römischen Besatzer in Judäa fast aus ihren Sandalen gehauen. Um zu zeigen, wer die Chefs im Land sind, haben die Römer Jesus kurzerhand gekreuzigt. So brutal ging man damals mit Andersdenkenden um. Heute beschimpft man ganz einfach alle Leute als Nazis, deren Meinung ein wenig weiter rechts liegt als diejenige der Sozialdemokraten – oder anderer Kommunisten.

Aber Jesus wäre nicht ein Rockstar gewesen, wenn er nicht drei Tage später ein fulminanteres Comeback gefeiert hätte als es Ozzy Osbourne jemals hinbekommen würde. Diese Auferstehung von den Toten zelebrieren die Christen heute noch jedes Jahr an Ostern. Jesus ist wohl der einzige Mensch der Weltgeschichte, bei dem man seinen Geburtstag und seinen Wiedergeburtstag feiert. Selbstverständlich glaubt niemand mehr daran, dass die Geschichte tatsächlich so passiert ist. Schliesslich sind wir ja heute alle zusammen aufgeklärte, vernunftgesteuerte und kritische Bürger. Aber gegen ein verlängertes Wochenende haben wir nichts einzuwenden. Deshalb gilt: Party on.
Im deutschsprachigen Raum feiern wir Ostern auf ganz spezielle Weise. Ein Osterhase versteckt über Nacht angemalte Hühnereier, die wir am nächsten Tag suchen müssen. Warum Osterhasen und nicht Ostereinhörnchen, Ostersteinböcke oder Ostervogelspinnen? Warum Hühnereier und nicht Krokodileier, Rehföten oder Forellenlaiche? Diese Fragen kann man heute nicht mehr mit Sicherheit beantworten. Angeblich hat die Kreativabteilung der Katholischen Kirche unter der betäubenden Wirkung von ganz viel Weihrauch lange darüber debattiert, was am meisten Sinn machen würde. Schlussendlich hat das Los entschieden.

So wie niemand ernsthaft an die Wiedergeburt von Jesus glaubt, glaubt heute auch keine erwachsene Person an den Osterhasen. Ausser vielleicht Anja Zeidler. Aber die glaubt ja auch daran, dass es normal ist, dass man seinen eigenen Körper 16 Stunden pro Tag im Spiegel eines Fitnessstudios anhimmelt und den Rest des Tages Fotos davon ins Netz lädt.
Wir Schweizer kennen eine zusätzliche Ostertradition. Wir stehen zusammen im Gotthardtunnel im Stau. Das ist ein symbolischer Akt. So wie Jesus drei Tage regungslos im Grab gelegen ist, verbringen auch wir die Osterzeit bewegungslos unter der Erde und auferstehen auf der anderen Seite. Dort essen wir im überfüllten Grotto ein Ossobuco Ticinese und fahren danach etwa im gleichen Tempo wieder nach Hause in die richtige Schweiz.

Hier zwei gute Ratschläge, wie du deine Zeit im Stau angenehmer gestalten kannst. Schaue vorher online eine Dokumentation über das Leben von Vera Dillier an. Im Vergleich zu dieser Langweile werden dir die Stunden im Gotthardtunnel vorkommen wie eine Achterbahnfahrt auf Koks im Europapark. Und falls du mit deiner Freundin unterwegs sein solltest, musst du unbedingt genug Gesprächsstoff mitnehmen. Peinliche Stille ist der Tod jeder Beziehung. Ihr könnt ja zum Beispiel darüber reden, warum Männer ohne Probleme drei Stunden im Auto sitzen können, ohne etwas zu sagen, während Frauen die Stille nicht geniessen, sondern als den Tod der Beziehung betrachten. Ich wünsche auf jeden Fall frohe Ostern.

04_Joiz_Ostern

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